ERP und PIM integrieren - warum das Sinn macht

Reto Gurtner

Viele Unternehmen neigen intuitiv dazu, sich an ihre ERP-Anbieter zu wenden, wenn Sie ein Product-Information-Management einführen wollen. Die meisten ERP-Systeme verfügen letztendlich auch über zusätzliche Plugins, die bequem dazugekauft werden können. Oft sind jene Module aber systemeigen für das ERP-System und nicht geeignet, wenn es darum geht differenzierte Online-Erlebnisse zu erschaffen.

Für mich fühlt es sich meist so an, dass diese ERP-Module so konzipiert sind, dass sie primär für die ERP-Anwender und nicht für den Endkunden bequem sind. Bedeutet, es fehlt an flexiblen und skalierbaren Funktionen, um die Anforderungen aus den verschiedensten Ausgabekanälen (z.B. Print, Onlineshop, Webseite, Onlineshops von Dritten usw.) zu unterstützen. Mit der digitalen Transformation nehmen jene Ausgabekanäle stetig zu. Insbesondere die Digitalen. Sich vom Status quo lösen und sich Agilität, Flexibilität und Geschwindigkeit zu eigen machen ist deshalb auf vielen strategischen Roadmaps von Unternehmen zu finden. Um dies zu erreichen, bedingt es die Etablierung von einem flexiblen Technologiestack, der alle Initiativen zur digitalen Transformation unterstützt. Haben die Unternehmen dies erkannt, wenden Sie sich meist einem dedizierten PIM-System zu. Im Laufe der Jahre haben moderne PIM-Systeme Funktionen ausgearbeitet, die attraktive Frontenderfahrungen für die verschiedenen Ausgabekanäle ermöglichen und komplexe Backendprozesse unterstützen wie z. B. der Import von Händlerdaten, flexible Klassifizierung von Produktdaten, Qualitätssicherungsprozesse, Medienmanagement und Übersetzungen u. v. m.

In der Erkenntnis, dass der effiziente Umgang mit Produktdaten eine Investition in die eigene Zukunft ist, wählen Unternehmen einen "Best-of-Breed"-Ansatz, indem sie sich für eine eigenständige PIM-Software entscheiden.

Wird das ERP-System also irrelevant? Ich glaube nicht. Das ERP-System bleibt eine zentrale Stelle für alle wichtigen Daten, die mit dem Funktionieren des Unternehmens zu tun haben. Dazu gehören zum Beispiel die Steuerung des Einkaufs, Lagerhaltung, Auftragsbearbeitung, Produktionssteuerung und die Finanzbuchhaltung. Das ERP-System hat aber meist klare Grenzen, wenn man das allgemeine Kundenerlebnis verbessern will.

Wie gelingt es, dass das ERP-System und das PIM-System optimal zusammenarbeiten?

Mit der Implementation eines PIM-Systems kommt unweigerlich die Frage auf was den künftig noch im ERP gemacht wird und was im PIM. Oft sind im ERP-System bereits gewisse Produktattribute vorhanden. Welche davon bleiben im ERP und welche werden migriert? Braucht es eine Schnittstelle zwischen dem ERP-System und dem PIM-System? Welches System übernimmt für welche Daten eine Masterfunktion?

Ich finde es wichtig, dass mit dem PIM-System eine sogenannte "Single Source of Truth" etabliert werden kann. Sprich: Alle Informationen, die zu einem Produkt existieren, sollten im PIM-System auffindbar sein. Es gibt dabei aber durchaus Informationen, die von einem anderen System (z. B. ERP-System) importiert werden und das PIM-System lediglich ein Konsument und nicht der Master darüber ist.

Nachfolgendes Setup hat sich in meinen vergangenen Projekten bewährt:

Bild ERP-System und PIM-System Integration
  1. Stammdaten, die innerhalb des ERP-Systems benötigt werden, verbleiben im ERP. Wichtig: Das sind nur ein paar wenige Daten. Z. B. GTIN/EAN, Artikelnummer, Chargennummern etc. Es gilt die Prämisse: Weniger ist mehr.
  2. Quantitative Angaben (z. B. Lagerbestände, Sortiment, Preise) verbleiben im ERP und werden via Schnittstelle ans PIM überliefert.
  3. Qualitative Angaben (z. B. Bilder, Videos, Attribute, Beschreibungen etc.) werden im PIM-System gehalten und gepflegt.

Welche technische Schnittstellen gibt es?

Damit zwei IT-Systeme erfolgreich miteinander interagieren musst du verstehen wie Daten von einem System zum anderen gesendet und eingelesen werden können. Oft müssen die transferierten Daten in ein anderes Format umgewandelt werden, was entsprechende Strategien erfordert.

Bei praktisch jedem Ansatz wird in der Mitte eine Übersetzungsapplikation benötigt, die das Datenmodell vom ERP-System in das passende Datenmodell vom PIM-System übersetzt.

Bild Übersetzer zwischen ERP-System und PIM-System

Dieser Übersetzer ist typischerweise eine eigenständige kleine Applikation. Jene wird entweder individuell für dein Projekt erstellt oder auf Basis einer LowCode-Plattform (z. B. Microsoft Azure PowerApps) konfektioniert.

Technologisch stellen ERP-Systeme und PIM-Systeme typischerweise folgende Schnittstellenvarianten zur Verfügung:

  • Web API's, wie z.B. REST, GraphQL oder SOAP
  • Übermittlung eines Files via Filetransfer (z.B. ein XML-Dokument wird via FTP in ein Folder geladen und ab da eingelesen)
  • EDI - Electronic Data Interchance
  • Direkter Zugriff auf die Datenbanken (Wichtig: Dieser Weg erachte ich eher als gefährlich und sollte wenn möglich immer umgangen werden)

Wenn immer möglich würde ich heute den Weg via API anstreben. Ein älteres ERP verfügt jedoch möglicherweise nicht über diese Option. Stattdessen musst du dich wohl auf den Austausch eines Files verlassen.

Profilbild Reto Gurtner

Reto Gurtner

Dein Experte für smarte Digitalisierung und starke Architekturen

Reto hat bereits lange vor seinem Informatik Studium die Liebe zur Software-Entwicklung und Internet-Technologie entdeckt. Es ist also keine Überraschung, dass er seit mehr als 15 Jahren sein berufliches Leben allen möglichen Disziplinen rund um Bits und Bytes widmet. Nach verschiedenen Stationen bei etablierten IT-Dienstleistern hat er 2016 das Unternehmen bambit gegründet, welchem er bis heute als Geschäftsführer vorsteht. So richtig glücklich wird er, wenn er die Themen Digitalisierung, E-Commerce, Technologie und Innovation zusammenbringen darf.

produktdaten.ch

Die fortschreitende Digitalisierung führt dazu, dass bekannte Konzepte überdacht werden müssen: Wertschöpfungsketten werden neu geordnet, Zwischenhändler werden ausgeschaltet, Hersteller gelangen via digitale Kanäle im Alleingang an den Endkunden und neue Verkaufskanäle (u.a. Marktplätze) müssen bedient werden. Diese sich wandelnden Voraussetzungen stellen neuen Anforderungen an den Umgang mit Produktdaten und Product Information Management. Das Netzwerk von produktdaten.ch nimmt sich diesen Herausforderungen an und hilft den Betroffenen zukunftsfähige Lösungen zu etablieren.

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