Aufwände im Produktdatenmanagement
Die Hauptbeschäftigung im Category Management ist ...
Audrey Meier
28.06.2020
Normalisieren? Bäh das klingt ja wieder mal sehr nach IT-Zeugs... Kann sein, rockt aber trotzdem! Doch zuerst mal alles schön der Reihe nach.
Nur ein überzeugendes Produkt anzubieten reicht heute nicht mehr aus. Eine ausgereifte Product Experience bietet ein durchgängiges und emotionales Erlebnis über alle Touchpoints hinweg. Hinzu kommt, dass die Anforderungen an den Touchpoints sich stetig verändern. Noch vor einigen Jahren war es für Online-Shop ausreichend, wenn lediglich der Produktname und ein Bild präsentiert wurde. Um heute zu einem erfolgreichen Kaufabschluss zu kommen, sind detaillierte Produktinformationen notwendig. Vollständige Detailspezifikationen, Produktbilder aus allen möglichen Perspektiven, passendes Zubehör, Ersatzteile u.v.m wird heute einfach erwartet. Zusätzlich spielen gesetzliche Rahmenbedingungen auch in den digitalen Kanälen immer stärker eine Rolle. So hat beispielsweise das neue Lebensmittelrecht 2017 festgelegt, dass im Online Handel umfassendere Informationen zu verkauften Lebensmittel zwingend dem Endkunden präsentiert werden müssen. (z.B. Nährwerttabelle, Inhaltsstoffe, Allergene etc.)
Die optimale Basis für die Verwaltung von Produktdaten bietet ein PIM-System. Dank einem PIM-System lassen sich vollständige und konsistente Produktinformationen qualitativ aufbereiten, verwalten und über alle Kanäle hinweg verteilen.
Ja, klar das weist du schon.. Die Einführung und der tägliche Umgang mit einem PIM-System werfen jedoch verschiedene Fragen auf. Eine immer wiederkehrende Frage ist der Aspekt der Granularität im Datenmanagement. Wieviel Granularität - oder eben Normalisierung - lohnt sich wirklich und wo kann auch mit der Aggregierung von Informationen gelebt werden.
Machen wir doch ein Beispiel. Angenommen du musst die Datenstrukturen für ein PIM im Bereich Lebensmittel modellieren. Nebst den klassischen Attributen wie Name, Beschreibung und Packshots, müssen in deinem PIM-System auch die Angaben für die Nährwerte resp. Nährwerttabelle geführt werden. Schauen wir uns dazu mal eine gesetzeskonforme Nährwertedeklaration genau an. Sicherlich kennst du die typischen Tabellen, welche auf den Lebensmittel drauf sind. Anbei ein Beispiel eines BioKing Apfel Zimt Knusper Crunchy Müslis
Grob stehen dir nun drei Varianten zur Verfügung.
Die wohl einfachste Variante ist es auf dem Produkt eine weitere Datei anzufügen mit einem Abbild der Nährwerttabelle. In der Praxis habe ich hierzu schon einiges gesehen. Zum Beispiel ein Foto von der Nährwerttabelle ab einem Packshot oder ein Worddokument.
In dieser Variante wird ein typisches Textattribut eingeführt. Innerhalb dieses Attributs werden anschliessend alle Nährwertangaben als Text eingepflegt.
Das obige Beispiel zeigt der Einsatz eines simplen HTML-Textfeldes in einem Akeneo PIM-System.
Mit Normalisierung ist die Aufteilung der Daten in verschiedene Attribute und Relationen zu verstehen. In der Theorie gibt es dabei mehrere Normalisierungsstufen. Der Wikipedia-Eintrag Normalisierung_(Datenbank) auf Wikipedia gibt dir einen Einblick in alle möglichen Variationen.
Eine mögliche Normalisierung für unsere Nährwerttabelle wäre folgendes Modell:
Das die Datenbewirtschaftung sich im PIM-System dabei nicht schlecht anfühlen muss, zeigt nachfolgender Screenshot. Dabei handelt es sich um ein PIM-System, welches ich mit meinem Team für ein Handelsunternehmen bauen durfte.
OK, ein Beispiel.. Seit einiger Zeit ist in den Schweizer Medien vom Nutri-Score zu lesen. Das Ampelsystem für die Nährwertkennzeichnung von Lebensmittel soll einfacher verständlich machen, welche Zusammensetzung von Inhaltsstoffen gesundheitlich eher günstig und welche eher ungesund sind. Über den Sinn und die Treffsicherheit des Nutri-Score lässt sich offenbar unter Experten streiten. Fakt ist aber, dass verschiedene Schweizer Anbieter (darunter auch Migros und Coop) den Nutri-Score probehalber einführen. Und so sieht ein Nutri-Score beispielsweise aus:
Berechnet wird der Nutri-Score eines Lebensmittel anhand der Gegenüberstellung von gesunden und ungesunden Nährstoffen. Dabei werden für ungesunde Nährstoffe negative und für gesunde Nährstoffe positive Punkte vergeben. Als ungesunde Nährstoffe gelten beispielsweise Zucker, Natrium in hohen Mengen, gesättigte Fettsäuren etc. Als gesunde Nährstoffe sind beispielsweise Anteile von Obst, Gemüse, Olivenöl u.v.m zu verstehen. Die Punkte werden auf Basis von bestimmten Nährwertangaben je 100g bzw. je 100ml vergeben. Somit gilt also z.B. je weniger Zucker pro 100g oder je höher der %-Anteil an Früchten und Gemüsen, desto besser.
Für die detaillierte Berechnung des Nutri-Score kannst du die Dokumentation von Santé publique France beziehen https://www.santepubliquefrance.fr/media/files/02-determinants-de-sante/nutrition-et-activite-physique/nutri-score/qr-scientifique-technique-en
Nehmen wir also nun mal an, dass dein Chef bei dir vorbeischaut:
"Es ist nicht zum Aushalten. Die Marketing-Abteilung will nun auch noch dieses Nutri-Score Ding machen. Da werden wir wohl wieder Stunden mit Datenerfassung verbringen".
Zum Glück hat dein Chef so einen schlauen Fuchs wie dich im Team. Da du dich proaktiv mit der Normalisierung der Produktdaten auseinandergesetzt hast, bist du bestens vorbereitet. Dank deinen nomalisierten Produktdaten brauchst du nun lediglich noch eine Funktion zu bauen, welche die Nutri-Score Punkte berechnet und das zugehörige Image ausspuckt. Das entweder bei den Ausgaben in die Kanäle oder - sofern dein PIM-System das zulässt - als Calculated Field auf deinem Produkt. Diese smarte Abkürzung ist doch mal was für dein Jahresendgespräch?
Die einfachste Variante für das Einpflegen von Produktdaten in deinem PIM-System ist selten die nachhaltigste. Da sich die Anforderungen an die Präsentation von Produktdaten laufend verändern, ist man meistens gut beraten, wenn man von Anfang an eine adäquate Normalisierung realisiert. Das ermöglicht dir flexibel zu reagieren und Ausgabeinformationen automatisch zu berechnen. Trotzdem solltest du stets darauf achten, dass die Datenpflege trotzdem einfach und verständlich bleibt. Deine Anwender und dein Chef wird es dir danken.